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Die Schola Cantorum wurde im Jahr 1963 als Kinder- und Jugendchor gegründet, arbeitet seit 1982 unter Trägerschaft der Stadt und ist heute die musikalische Heimat von etwa 300 Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, wichtiger lokaler Bildungsträger sowie klingende Botschafterin der Musikstadt Leipzig.

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Chorleiter Marcus Friedrich unterrichtet seine Schützlinge nicht nur gesanglich

VON ELENA BOSHKOVSKA
erschie­nen in der Leip­zi­ger Volks­zei­tung am 8. Okto­ber 2019

"Sig­mund Jähn ist gestor­ben. Haben wir dar­über schon gespro­chen?" Es ist eine kur­ze Unter­bre­chung der Pro­be des Mäd­chen- und Frau­en­cho­res der Scho­la Can­torum. Nach einem sehr außer­ir­disch klin­gen­den Lied fragt Chor­lei­ter Mar­cus Fried­rich nach dem ver­stor­be­nen Kosmonauten.

"Das ist eigent­lich ein Insi­der-Witz", erklärt er spä­ter. Das Stück von Ben­ja­min Brit­ten erin­ne­re ihn an einen Astro­nau­ten, der in hal­ber Schwe­re­lo­sig­keit auf dem Mond tapst. "Ich fin­de es manch­mal erschre­ckend, wie wenig sich jun­ge Leu­te mit The­men aus dem All­tag aus­ein­an­der­set­zen – beson­ders wenn es um Poli­tik geht", sagt Fried­rich. Die Auf­ar­bei­tung gesell­schaft­li­cher und poli­ti­scher The­men dür­fe nicht nur der Schu­le oder dem Eltern­haus über­las­sen wer­den. Des­halb nimmt er sich auch bei den Chor­pro­ben die Zeit dafür.

Fried­rich stu­dier­te Kir­chen­mu­sik und Chor- und Orches­ter­lei­tung an der Hoch­schu­le für Musik und Thea­ter "Felix Men­dels­sohn Bar­thol­dy". Von 2006 bis 2011 war er Kir­chen­mu­si­ker an der Stadt­kir­che zu Naun­hof. Seit 2011 ist er künst­le­ri­scher Lei­ter der Scho­la Can­torum. Zu die­ser Zeit aber habe der Mäd­chen- und Frau­en­chor ledig­lich 30 Mit­glie­der gezählt. "Seit­dem haben wir ein biss­chen gear­bei­tet und jetzt sind es etwa 80 Sän­ge­rin­nen", erklärt Fried­rich. Dem Chor­ge­sang spricht Fried­rich einen ganz beson­de­ren Effekt zu: "Ich glau­be, dass er eine befrie­den­de Wir­kung hat und durch­aus Leu­te erden kann." Er bedau­ert jedoch, dass sich der Trend eher von der Musik­rich­tung, die er unter­rich­tet, abwen­det. "Ich glau­be, dass der Zeit­geist so ist, dass mehr Wert auf das Event und die Laut­stär­ke gelegt wird", sagt er.

Chor­ge­sang wür­de Sän­ger wie Zuhö­rer hin­ge­gen eher run­ter­fah­ren. Und egal wie schlecht gelaunt die Mit­glie­der vor der Pro­be sei­en, danach wür­den sie sin­gend und pfei­fend durch die Flu­re den Weg nach Hau­se antre­ten, erzählt Friedrich.

In sei­ner Chor­grup­pe wür­den die älte­ren Mit­glie­der die jün­ge­ren durch die Zei­ten tra­gen. "Wo die Jün­ge­ren noch kein Gefühl für Tra­di­ti­on haben, sind die Älte­ren gute Vor­bil­der. Die Kom­bi­na­ti­on lässt Raum für tech­nisch anspruchs­vol­le Sachen", sagt Fried­rich. Die Hör­ge­wohn­hei­ten bei den jün­ge­ren Sän­ge­rin­nen sei­en anders und sie ent­spre­chend schwer für das tra­di­tio­nel­le Reper­toire zu begeistern.

Aus eige­ner Erfah­rung kön­ne er nach­voll­zie­hen, dass Mit­glie­der die Chö­re des­we­gen ver­las­sen. "Im Alter von zwölf Jah­ren kann man nicht wirk­lich die inhalt­li­che Tie­fe klas­si­scher Musik begrei­fen", erläu­tert Fried­rich. Er selbst konn­te sich im Teen­ager-Alter nicht vor­stel­len, mal die Musik von Johann Sebas­ti­an Bach zu mögen. Tra­di­tio­nen wol­le er aber auch trotz mög­li­cher Abgän­ge nicht über Bord werfen.

Einen beson­de­ren Akzent hat Fried­rich auf die Aus­ein­an­der­set­zung mit Brahms‘ Requi­em gesetzt. "Das sind nicht wirk­lich Fra­gen, die man sich mit 18 stellt", sagt der Chor­lei­ter. Die zutiefst mensch­li­chen The­men, die Fra­gen nach dem Sinn des Lebens und nach dem Ende kön­ne man sich im jun­gen Alter nicht ausmalen.

Er pro­phe­zeit jedoch sei­nen jetzt noch jun­gen Schütz­lin­gen, dass sie sich in Zukunft ger­ne dar­an erin­nern wer­den, die­se musi­ka­lisch und inhalt­lich tie­fe Musik selbst gesun­gen zu haben. "Es ist eben auch unse­re Auf­ga­be, ihnen begreif­lich zu machen, wie unglaub­lich bedeu­tend die Musik ist", sagt Friedrich.

Titelfoto: Juliana Malta
Die Schola Cantorum Leipzig wurde 1963 gegründet und vereint heute etwa 300 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in verschiedenen Ensembles.
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