Mit Bestürzung und großer Sorge nehmen wir zur Kenntnis, dass unsere Stadt am vergangenen Montag bereits den zweiten Gewaltexzess innerhalb von nur vier Wochen erleben musste. Mit blinder Zerstörungswut und hohem Gewaltpotential haben am 12. Dezember 2015 linksautonome Gruppen, am 11. Januar 2016 rechte Schläger in der Leipziger Südvorstadt und in Connewitz eine Spur der Verwüstung hinterlassen, Menschen verletzt und so jedes ehrliche Bemühen um Dialog, Diskurs und eben auch Annäherung ad absurdum geführt. Wir können und wollen zu den Vorfällen nicht schweigen, denn schweigen würde bedeuten, diese Eskalationen hinzunehmen. Gewalt ist jedoch nicht hinnehmbar.
Gewalt beginnt nicht erst da, wo ein Mensch zuschlägt; wo Barrikaden brennen oder Fensterscheiben bersten. Gewalt beginnt bereits mit Worten. In den vergangenen Monaten war besonders an Montagen in Leipzig, Dresden und anderswo verbale Gewalt auf Plätzen und Straßen zu erleben. Intoleranz und Fremdenhass wurden gepredigt, Wut und Ängste geschürt, Provokationen, Beschimpfungen und Beleidigungen waren oft gängige Antworten. Dass die Gewaltspirale sich nun weiter dreht, die verbale Ebene verlässt und sich letztlich in blinder Zerstörungswut entlädt, konnten wir am 12. Dezember und 11. Januar erleben. Beide Daten beweisen eindrücklich, wie sich die Stimmung in den vergangenen Monaten aufgeheizt und radikalisiert hat: Emotional hoch geladen, in der Sache jedoch wenig hilfreich. Dabei spielt es für uns keinerlei Rolle, ob die Eskalation “links-” oder “rechtsmotiviert” ist: Gewalt – in welcher Form auch immer – ist Unrecht und kein Bestandteil demokratischer und politischer Auseinandersetzung.
Wir distanzieren uns auf das Deutlichste von jeder Form von Gewalt und erwarten dies in diesem Maße auch von allen an der Debatte beteiligten Einzelpersonen, Parteien, politischen Vereinigungen und gemeinschaftlichen Organisationen.
Wir rufen alle gesellschaftlichen Kräfte auf, zum sachlichen Dialog zurückzufinden, die Sprache zu mäßigen, Provokationen zu vermeiden und persönliche Auseinandersetzungen zu Gunsten eines zukunftsfähigen gesellschaftlichen Miteinanders zurückzustellen. Gewaltlosigkeit in Sprache und Tun, ohne die auch gemeinsames Singen und Musizieren nicht möglich wären, ist aus unserer Sicht alternativlos, um die Spannungen und Konflikte unserer Zeit im Großen wie im Kleinen, auf lokaler und globaler Ebene zu lösen und beizulegen.
Marcus Friedrich, künstlerischer Leiter der Schola Cantorum Leipzig
Maximilian Poetzsch, Vorsitzender des Freundeskreises Schola Cantorum Leipzig
sowie Deborah Haberland, Katrin Petzoldt, Silke Kellig, Karoline Blankenburg, Sandra Waage, Michelle Kretzschmar, Myriam Prölss, Elisa Schumann, Sabine Kupka, Friederike Günz, Eva Zimmermann, Sarah Jost, Anne-Kristin Scholze, Juliane Friedrich, Maren Kramer, Lorenz Petzoldt, Andrea Baufeld, Friederike Brückl, Juliane Heinze, Annette Reinhold, Anna Hartmann, Julia Hildebrand, Stefanie Thiele, Jule Lorenz, Anne Labs, Anke Datemasch-Pankratz, Udo Pankratz, Jana Hänig, Angelika Scheer, Aya Kugele, Elisabeth Mücksch, Christian Burkhardt