VON JÖRG CLEMEN
erschienen in der Leipziger Volkszeitung am 5. Juli 1999
Heiteres, Schwungvolles und eine Uraufführung gab´s am Samstag im Gewandhaus: Die Frauenstimmen der Schola Cantorum Leipzig sangen Chormusik des 20. Jahrhunderts und hoben bei dieser Gelegenheit die Dreiteilige Sammlung “Wer ist hier der Boß?“ Kerstin Thiemes aus der Taufe.
Die “Madrigale auf anonyme Cabaret-Texte“ nehmen zuerst eine Prise Feminismus – und dann auf ebenso witzige Weise männliche Eitelkeit aufs Korn. Mokant, wenngleich keineswegs provozierend oder gar neuartig, ist auch die Klangsprache Thiemes. Schön: die Idee, den Solo Sopran als cantus firmus weit oben zu führen (“Die Belehrung“. “Leisetreten lohnt sich“), während der Chor spöttisch kommentiert. Dazu passen die straff punktierten Rhythmen des letzten Stückes (“Adams Rippe“), wenn auch dieses Stück tonal allzu offensichtlich aus der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts schöpft.
Kompliment an Eckhard Budrowitz und seinen intonationssicheren Chor. Reglint Bühler sang herrlich klar und schnörkellos. Die heute in Nürnberg lebende Komponistin (Jahrgang 1909 und älteren Leipzigern noch unter dem Pseudonym Karl Thieme bekannt). Verbindet seit Einigen Jahren eine Patenschaft mit der Schola Cantorum, der sie ihr neues Werk auch widmete.