VON JOHANNES KILLYEN
erschienen in der Mitteldeutschen Zeitung am 15. April 1997
Hell strahlender Wohlklang in der Moritzkirche – einen Augenblick lang war man versucht, Engelsstimmen den besonderen Osterjubel unter spätgotischem Flechtgewölbe zuzuschreiben. Verantwortlich für das auf grundierende Männerstimmen gänzlich verzichtende Klangvergnügen war jedoch der Mädchenchor der Schola Cantorum Leipzig.
Unter Leitung von Eckhard Budrowitz und begleitet von Konzerthallenorganist Martin Stephan stellte der Chor die Jubilare Mendelssohn und Brahms in ehrfurchtsvoll zurückhaltendem Sakralgewand vor, den Großmeister der Renaissance – Giovanni Palestrina – dagegen ließ er erwartungsgemäß in makellos-polyphoner Harmonie hochleben. Die in Teilen aufgeführte "Missa sine nomine" des italienischen Komponisten konnte wohl nicht die klanglich effektvollsten, sicherlich jedoch die überzeugendsten Momente dieses Konzertnachmittags für sich verbuchen. Mendelssohns Motetten op. 39 steigerte Budrowitz konsequent bis zum erleichternd jubelnden "Halleluja" des Auferstehungsteils. Jedoch hatten die Sängerinnen hier leichte Schwierigkeiten, sich auf die Stimmung der Orgel einzustellen. Brahms' geistliche A‑cappella-Gesänge op. 37 bildeten einen introvertierten Gegenpol zum effektvollen und begeistert beklatschten Abschluß des Konzertes – Knut Nystedts 1992 uraufgeführtes "Ave Christe" für drei Chöre und Orchester.
Plötzlich wurde es eng im Chorraum. Zur Schola Cantorum gesellten sich ganze Heerscharen von Jungsängern aus dem halleschen "Cantus"-Jugendchor, dem Stadtsingechor und dem Canzona-Chor aus Murowana Goslina (Polen). Vor ihnen nahm ein Instrumentalensemble der Musikhochschule Leipzig Platz. In drei Sprachen wurde zum Lobe der Auferstehung skandiert, geflüstert und gejubelt. Schade nur, daß dieser monumentale Auftritt nach 15 Minuten bereits beendet war.