VON ANJA JASKOWSKI
erschienen in der Leipziger Volkszeitung am 1. Oktober 2013
Am Sonntagabend hat die Stunde all derer geschlagen, die schon immer mal Carl Orffs Monumentalwerk Carmina Burana aufführen wollten. Zum Mitsingkonzert des Vereins "Leipzig singt" sind im großen Saal des Gewandhauses nicht nur sangesfreudige Einzelpersonen zusammengekommen, sondern auch Chöre aus ganz Mitteldeutschland angereist. Zusammen macht das etwa 550 Sänger, die die Orgelempore und die beiden Orchesteremporen komplett belegen – das Riesenaufgebot erinnert an Mahlers Sinfonie der Tausend.
Sobald Dirigent Erik Schober den Taktstock hebt und das "O Fortuna" deutlich aus 550 Kehlen donnert, wird schnell klar, dass die Sänger genügend Chorerfahrung haben. Monumental klingt der Eingangschor über die Schicksalsgöttin, aber trotzdem noch erstaunlich leise für die große Anzahl an Sängern. Die Schlagzeuger schöpfen dafür aus dem Vollen, was Gong, große Trommel und Pauken angeht, und befeuern so die Chormassen. Der Männermangel fast aller Laienchöre macht sich auch hier bemerkbar, so dass die Frauenstimmen aufgrund ihrer überwältigenden Überzahl dominieren. Aber schließlich soll dieses Konzert vor allem Spaß machen und jeder mitsingen dürfen, der möchte.
Dafür, dass die Proben ein freiwilliges Angebot waren, laufen die Carmina Burana blendend, trotz vieler herausfordernder Tempowechsel und Übergänge. Das Robert Schumann Orchester agiert souverän und mit angenehmem Streicherklang. Kleinere Partien übernehmen der Leipziger Max-Klinger-Chor und der Kinderchor der Schola Cantorum Leipzig. Während Instrumentalisten und die verschiedenen Chorbesetzungen gut aufeinander abgestimmt sind, ist das Orchester für die Solisten Anne Görner (Sopran), Georg Führer (Tenor) und Bassbariton Daniel Blumenschein ein wenig zu laut. Aber Orffs Werk ist immer für magische Momente gut durch seine schlichten und statischen Klänge, die archaischen, treibenden Rhythmen und witzige Einlagen wie die Tenorarie vom gebratenen Schwan. Am Beginn des Konzertes leitet die Uraufführung eines Teils aus Erik Schobers Komposition "Irdische Szenen" schon knallig und fanfarenartig zur Wucht der Carmina Burana hin.
Dieses inzwischen dritte Mitsingkonzert ist nur durch ehrenamtliches Engagement der Vereinsmitglieder und die Unterstützung durch Sponsoren möglich geworden. Der Lohn für alle Anstrengungen sind am Ende des Abends die elektrisierten Sänger und das begeisterte Publikum im ausverkauften Saal. Das nächste Mitsingkonzert ist schon in Planung: Am 12. Oktober 2014 wird, wieder im Gewandhaus, Verdis Requiem aufgeführt. Wer dabei sein möchte, kann sich ab dem 2. Januar 2014 unter www.leipzig-singt.de zum Mitsingen anmelden.