In der glanzvollen und prächtigen Zeit des Barocks kommt die Musik mehr denn je zum Erblühen, denn sie soll nun nicht mehr nur Gott zu Ehren dienen, sondern auch den Wohlstand und die Lebensfreude der weltlichen Herrscher.
Musikgeschichte(n) aus der Quarantäne
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Zusammenfassung
In der glanzvollen und prächtigen Zeit des Barocks kommt die Musik mehr denn je zum Erblühen, denn sie soll nun nicht mehr nur Gott zu Ehren dienen, sondern auch den Wohlstand und die Lebensfreude der weltlichen Herrscher unterstreichen.
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Wer hat's gemacht?
Dieser Artikel wurde mit ♥ für Euch verfasst von Henriette. Henriette studierte Musikwissenschaften in Weimar sowie klassischen Gesang in Leipzig und ist als freischaffende Sängerin tätig. Während des Corona-Shutdowns unterstützt sie die Schola Cantorum mit Beiträgen zur Musikgeschichte und beweist dabei: Wissenschaft ist alles andere als graue Theorie!
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Lesedauer
Lesedauer: 45 Minuten • Musikbeispiele: 279 Minuten
6. Kapitel: Die Barockzeit
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Der Begriff "Barock"
Die Bezeichnung “Barock” setzte sich erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts für Kunst und Musik des 17. Jahrhunderts durch. In der Rückschau empfand man sie als zu überladen, schwülstig und übertrieben und verglich sie mit unregelmäßigen, verwachsenen Perlen oder Edelsteinen ("baroque", abgeleitet vom lateinischen Wort für "Warze": "verrucca"). Nach und nach verlor sich der negative Kontext. Heute bezeichnet man die Epoche zwischen der Renaissance und der Klassik ganz wertungsfrei als "Barock".
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Die Affektenlehre
Mehr und mehr rückt im 17. Jahrhundert der Mensch als Individuum mit seinen Emotionen und Leidenschaften in den Vordergrund. Alle Wissenschaften und Künste beschäftigen sich mit den “Affekten” und wie diese verborgenen Gemütsbewegungen im Menschen hervorgerufen werden können. Die Philosophen der Zeit benennen (in Anlehnung an antike Vorstellungen) sechs Grundaffekte, die weitere untergeordnete Affekte beinhalten können: Verwunderung, Liebe, Hass, Verlangen, Freude und Trauer. Dem Komponisten stehen zum Hervorrufen der Affekte verschiedene Parameter zur Verfügung: Tonauswahl, Rhythmus, Tempo, Harmonik, Dissonanzgebrauch…
Eng verbunden mit der Affektenlehre ist die Figurenlehre, denn nicht nur unbewusst wahrnehmbare Parameter sollen die Emotionen erwecken, sondern auch naturalistisch anmutende Figuren (zum Beispiel ein Triller auf dem Wort "Angst" oder eine absteigende chromatische Linie als Ausdruck von Jammer). Einen Überblick über die gebräuchlichsten Figuren bietet der Artikel "Verzierung" (Musik) auf Wikipedia.
Es ist spannend, Barockmusik genau nach diesen Figuren zu untersuchen. Meist wird man schnell fündig und die Musik erschließt sich einem nochmals neu. Auch die Musiker sind angehalten, möglichst “affekthaft” zu musizieren. Damit tragen sie eine noch größere Verantwortung: Nicht nur die Töne müssen zur rechten Zeit am rechten Ort sein, auch Ausdruck und individuelle Interpretation gewinnen an Bedeutung. Das Prinzip der Affektenlehre durchwirkt die gesamte Barockmusik und muss bei allen Gattungen in allen Ländern immer mit bedacht werden.
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Die venezianische Mehrchörigkeit
Die Geschichte der Barockmusik beginnt bereits im 16. Jahrhundert mit der "Venezianischen Schule". In der Basilica di San Marco gibt es zu dieser Zeit zwei Orgeln auf unterschiedlichen Emporen. Das bringt den Komponisten Adrian Willaert (1490–1562) auf die Idee, die Musiker auf beide Emporen zu verteilen, sodass ein beeindruckender Stereo-Raumklang entsteht. Willaert "erfindet" so quasi die venezianische Mehrchörigkeit, ein Prinzip, das in der Barockmusik sehr beliebt werden sollte.
Neu ist auch, dass den Sängern gleichberechtigte Instrumente zur Seite gestellt werden. Das geht so weit, dass in manchen Chören nur eine Stimme gesungen und die anderen gespielt werden: So entwickelt sich eine frühe Form der Monodie (mehr dazu später). Und noch eines der wichtigsten Prinzipien der Barockmusik beruht auf dieser Musizierweise: Das sogenannte "konzertierende" Prinzip. Wenn mehrere Gruppen getrennt, aber doch miteinander musizieren, kommt es bald dazu, dass man sich gegenseitig überbietet. So entsteht ein "Gegeneinander im Miteinander" (Eggebrecht).
Die Verbindung zwischen dem Prinzip der Monodie (also dem solistischen Singen und Spielen über einer Begleitung) und dem des Konzertierens führt zur Entwicklung der instrumentalen (Solo-)Konzerte. Der Höhepunkt der venezianischen Mehrstimmigkeit wird mit Giovanni Gabrieli (gestorben 1612) erreicht. Namhafte Komponisten, darunter Heinrich Schütz (1585–1672), kommen extra nach Venedig, um bei ihm zu lernen. Das Schütz und seine Generation sicher unglaublich beeindruckende, klangliche Erlebnis lässt sich erahnen, wenn man sich die musizierenden Gruppen räumlich getrennt voneinander in einem großen Kirchenraum vorstellt.
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Die Florentiner Camerata und die Oper
Zwischen 1573 und 1587 trifft sich in Florenz die "Camerata Fiorentina", ein Kreis von Dichtern, Musikern, Philosophen und Gelehrten des Adels, der sich um die Wiederbelebung des antiken Dramas in italienischer Sprache bemüht. Aus der Annahme, dass antike Dramen gesungen wurden, entwickelt die "Camerata Fiorentina" eine völlig neue (weltliche!) Gattung. Aus bereits existierenden musikalischen Formen wie dem Pastoralspiel oder den Intermedien entsteht die Oper. Neu ist neben der szenischen Darstellung vor allem die Kompositionstechnik der Monodie.
Die Monodie (griechisch "Einzelgesang") bezeichnet das solistische Singen über einem Generalbassfundament. Da der Generalbass für die Zeit zwischen 1600 und 1750 (als Grundlage nahezu jeder Komposition!) von immenser Bedeutung ist, betitelt der berühmte Musikwissenschaftler und Komponist Hugo Riemann die Barockzeit sogar als "Generalbasszeitalter". Das Generalbassspiel ist eine Technik, die sich mit der Entstehung von Oper und Monodie entwickelt und es ermöglicht, eine solistische Stimme spontan zu begleiten. Notiert wird nur eine bezifferte Bassstimme (ähnlich den Akkordsymbolen der heutigen Jazz- und Popmusik). Der geschulte Musiker ergänzt die Begleitakkorde eigenständig. Dadurch sind die Rollen nun neu verteilt: Die Solostimme wird begleitet durch den Generalbass ("Basso Continuo") und erhält somit ein harmonisches Fundament. Die Mittelstimmen unterstützen lediglich die Harmonik.
Die Monodie orientiert sich in mehrerer Hinsicht stark am Text: Einerseits sind Melodie und Rhythmus des Gesangs an den natürlichen Sprachduktus angelehnt. Andererseits steht der Inhalt des Textes im Vordergrund und soll (unterstützt durch ein möglichst "affekthaftes" Singen) beim Hörer Emotionen erwecken. Man bezeichnet dies auch als "Stile rappresentativo", also als den Text "darstellendes" Singen. Jacopo Peris (1561–1633) "Dafne", komponiert auf einen Text von Ottavio Rinuccini (1562–1621), gilt heute als die erste Oper überhaupt. Leider sind von ihr nur Fragmente erhalten. Der berühmteste Opernkomponist des Frühbarock ist Claudio Monteverdi (1567–1643). Er setzt mit seinem "Orfeo", seiner "Arianna" und vielen anderen Werken wie "L'Incoronazione di Poppea" (im Stile rappresentativo) Maßstäbe.
Übrigens ist es auch diese Oper, in der das erste Mal eine Da-capo-Form (ABA) komponiert wird. Neben dem Bestreben, eine geschlossene musikalische Form zu komponieren, ist auch die Abkehr vom Stile rappresentativo hin zu ariosen (liedhaften) Formen schon deutlich zu spüren.
In Venedig wird 1637 das erste Opernhaus überhaupt gegründet. War die Oper bis dahin vor allem privaten Kreisen dargeboten worden, ist sie nun jedem zugänglich und schafft Popularität in allen Bevölkerungsschichten: Bis 1700 werden allein in Venedig 15 (!) weitere Opernbühnen eröffnet. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts gibt es Häuser überall auf der Welt.
In der Gattung der italienischen Oper kommt es bald zur Abgrenzung zwischen Rezitativen (solistischem, instrumental begleitetem Sprechgesang) und ariosen Teilen. Zudem bilden sich zwei Operntypen heraus: Die "Opera seria" und die "Opera buffa". Die ernste "Opera seria" wird vor allem vom Librettisten Pietro Metastasio (1698–1782) geprägt. Seine Texte werden von allen Komponisten seiner Zeit vertont und haben meist Stoffe der römischen und griechischen Antike zum Inhalt. (Auch Händel, für uns wohl DER barocke Opernkomponist, vertont Libretti von Metastasio.) Die komische "Opera buffa" entsteht in Abgrenzung zur "Opera seria" um 1750.
In der italienischen Oper spielt der Kult um den Sänger als virtuosen Stimmkünstler eine große Rolle. Besonders in Wiederholungen der Da-capo-Arien ist dessen Improvisationskunst gefragt: Hier kann und muss er die vom Komponisten vorgegebenen Melodien möglichst kunstvoll verzieren.
Gleichzeitig entwickelten sich am Hof Louis XIV in Frankreich weitere Formen der Oper. Außer der "Tragédie lyrique", die vor allem von Jean-Baptiste Lully (1632–1687 ), einem begnadeten Komponisten, Geiger und Tänzer, geprägt wird, haben sie alle eine Eigenheit: Sie binden den Tanz mit in das Bühnengeschehen ein. Als wichtigstes Vermächtnis von Lullys Oper ist wohl die französische Ouvertürenform anzusehen. Sie beginnt und endet mit einem langsamen, in punktiertem Rhythmus gehaltenen Teil, unterbrochen von einem schnellen Mittelteil.
In England und Deutschland ist der Einfluss der italienischen Oper so groß, dass es kaum eine eigene nationale Entwicklung gibt. In Deutschland wird die italienische Oper vor allem an Höfen von Königen, beispielsweise in München, Hannover und Dresden gepflegt. Sie ist richtiggehend in Mode: Wer etwas auf sich hält, lässt italienische Opern schreiben und staffiert sie mit vielen guten Musikern, Sängern, Kostümen und Bühnenbildern aus.
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Das Oratorium und die Historia
Das Oratorium und die ihm verwandten Gattungen Historia und Passion zählen, wie die Oper, zu den dramatischen Kompositionen (sie erzählen also eine Geschichte). Allerdings wird hier auf eine szenische Darbietung verzichtet. Auch die Entwicklung dieser Gattung geht von Italien aus. Ursprung ist hier eine wachsende Frömmigkeitsbewegung, die in Abgrenzung zur Reformation entsteht und den Glauben festigen will. Die Anhänger dieser Bewegung treffen sich im Betsaal eines Klosters in Rom, um zusammen zu beten. "Betsaal" heißt auf italienisch "oratorio". Dort also finden die ersten Aufführungen von Oratorien statt. Es entstehen zwei Arten des italienischen Oratoriums:
1. Dem Oratorio latino liegt ein lateinischer Text zugrunde und die Zuhörer sind Mitglieder der weltlichen und geistlichen (katholischen) Aristokratie, also eher einer geschlossenen, erlesenen Gesellschaft. Das Oratorio latino wird ausschließlich in Oratorien (Betsälen) dargeboten. Vertont werden Geschichten, unter anderem aus dem Alten Testament, wobei nicht nur originaler Bibeltext, sondern auch neugedichtete Texte verwendet werden. Der Erzähler (der Historicus) kann solistisch, aber auch durch ein Ensemble übernommen werden. Alle weiteren Personen werden anderen Solisten zugeordnet. Instrumental-Ritornelle, gefolgt von Solo- und Chorpassagen sind typisch. Der bedeutendste Vertreter ist eindeutig Giacomo Carissimi.
2. Im Unterschied zum Oratorio latino liegt dem Oratorio volgare ein italienischer Text zugrunde, was dazu führt, dass es bald nicht mehr nur in den Oratorien, sondern auch in Herrschaftshäusern zur Unterhaltung gespielt wird. Die musikalische Entwicklung ist (vermutlich durch die gemeinsame Sprache) mit der der Oper zu vergleichen.
Beiden italienischen Oratorienformen ist eigen, dass sie den Bibeltext nicht wörtlich, sondern dichterisch frei wiedergeben. Als frühes Stadium des deutschen evangelischen Oratoriums, das gegen 1700 aufkommt, ist die Historia (die Vertonung einer Geschichte) in den Gottesdienst eingebunden. Vor allem bei wichtigsten christlichen Festen kommt sie in verschiedenen Formen zur Aufführung.
1. A‑capella-Historia (ohne Instrumente, innerhalb der Messe gesungen, nur Bibeltext, z.B. Johannes Passion von Antonio Scandello)
2. konzertante Historia (mit Begleitung von Instrumenten, innerhalb der Vesper gesungen, nur Bibeltext, z.B. die heute noch vielerorts aufgeführte Historia der Geburt Christi von Heinrich Schütz)
3. oratorische Historia (mit Begleitung von Instrumenten, ohne liturgische Funktion, Choräle und neugedichtete Arien werden eingefügt, die mit Abstand berühmtesten Werke dieser Gattung sind die Passionen von Johann Sebastian Bach)
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Die deutsche evangelische Kirchenmusik
Auch die deutsche evangelische Kirchenmusik wird maßgeblich von der italienischen Musik und ihren Errungenschaften (Generalbass, Monodie, "affekthaftes" Singen) geprägt. Es sind vor allem drei Komponisten, die diese italienischen Einflüsse einbringen: Michael Praetorius (1571–1621), Johann Hermann Schein (1586–1630) und Heinrich Schütz (1585–1672). Drei Gattungen sind von besonderer Bedeutung:
- Die traditionelle Motette, die von Orlando di Lasso geprägt ist, entwickelt sich unter italienischem Einfluss weiter. Die wachsende Klangentfaltung und Homophonierung des Satzes (also weg von eigenständigen Einzelstimmen hin zu akkordischem Denken) sind hier zu nennen. In Michael Praetorius' Motette "Wachet auf, ruft uns die Stimme" erhält jeder neue Vers einen eigenen musikalischen Impuls. Diese "Madrigalisierung" führt bei Johann Sebastian Bach (hundert Jahre später) zur Mehrsätzigkeit seiner Motetten.
2. "Das 'Geistliche Konzert' ist der eigentliche Mittelpunkt für die Auseinandersetzung der evangelischen Kirchenmusik mit den stilistischen Neuerungen aus Italien". (Wörner) Das Geistliche Konzert ist das Ergebnis der Verschmelzung verschiedener Satztechniken (Generalbass, konzertierendes Prinzip, solistisches Singen) in der evangelischen Kirchenmusik. Die "Großen geistlichen Konzerte" zeichnen sich durch eine enorme Besetzungsvielfalt aus: Solistische, chorische und instrumentale Abschnitte wetteifern miteinander. Die "Psalmen Davids" von Heinrich Schütz zählen du den bekanntesten Werken dieser Gattung.
Das "Kleine geistliche Konzert" ist ein auf sehr wenige Stimmen reduziertes Werk. Auch hier sind die Kompositionen von Heinrich Schütz herausragend.
Charaktergebend hier: das akustisch und optisch wahrnehmbare sich schließende Auge und das Pochen des Herzens. Diese Verklanglichung des Textes ist bezeichnend für die Barockzeit und ganz besonders für Heinrich Schütz.
3. In der Kantate entwickeln sich die musikalischen Abschnitte der Motette und des geistlichen Konzerts selbstständig. Es entstehen einzelne, unabhängige Sätze, die Instrumentalsätze, Arienformen, Rezitative oder Chöre sein können. Im Text mischen sich Evangelien, Kirchenlieder und neue Dichtungen. Je nach Textgrundlage und musikalischer Form können innerhalb dieser Gattung Unterkategorien unterschieden werden. Wegweisend für den neuen Kantatentyp ist Dietrich Buxtehude (1637–1707).
Die Kantate entwickelt sich bis 1750 zur führenden Gattung der evangelischen Kirchenmusik. Durch Aufnahme des Secco-Rezitativs, der Da-Capo-Arie und neuen Texten, die das Geschehen betrachten, entsteht der "neuere" Kantatentyp, der im Schaffen Johann Sebastian Bachs gipfelt. "Entwickelt" wird dieser Kantatentyp von Dichter Erdmann Neumeister (1671–1756, "Komm, Jesu, komm zu Deiner Kirche"), der folgendes schreibt: Eigentlich "sieht eine Cantata nicht anders aus als ein Stück aus einer Opera, von Stylo Recitativo und Arien zusammengesetzt" (zitiert nach Wörner).
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Die barocke Instrumentalmusik
Mit Kompositionen Giovanni Gabrielis (1554/57–1612) entsteht zum Ende des 16. Jahrhunderts erstmals eine Instrumentalmusik, die der Vokalmusik ebenbürtig ist. Waren die Instrumente bis dahin nur als Begleitung in Funktion, entstehen jetzt unter Beachtung ihrer klanglichen und spieltechnischen Besonderheiten eigene Werke. So neu dieser Gedanke für die Barockzeit auch ist: er wird sofort ausgereizt. So entstehen die wichtigsten instrumentalen Gattungen:
1. Die Suite ist eine Folge verschiedener Tanzstücke, die (mal lose, mal mit einem kompositorischen Zusammenhang) aneinandergereiht sind. Suiten sind für größere Ensembles oder Orchester angelegt. Da Tänze vor allem in Frankreich sehr beliebt sind (wie wir schon an der Entwicklung der Oper sehen), wird diese Gattung auch und vor allem durch den französischen Einfluss geprägt. In Mitteldeutschland ist Johann Hermann Schein ein Wegbereiter.
Die Orchestersuiten von Bach und Händel sind sicher die heute bekanntesten Werke dieser Musikform.
2. "Der Begriff 'Concerto' wird schon früh für die doppelchörigen Kompositionen gebraucht. Nach und nach wird er aber auch auf andere Besetzungen angewandt (zum Beispiel die "geistlichen Konzerte", in denen Instrumente und Sänger zusammen musizieren). Bald entsteht aus diesem Prinzip auch reine Instrumentalmusik. Neben Arcangelo Corellis Concertos sind die Kompositionen Antonio Vivaldis von größter Bedeutung. Verschiedenste Besetzungen sind üblich:
a) Concerto (ohne Solopartie für Streicherorchester)
b) Concerto grosso (für mehrere Soloinstrumente)
c) Solokonzert (mit einem einzigen Soloinstrument)Das Prinzip der Concerti ist (mit Ausnahme des Solokonzerte) immer gleich: Das Orchestertutti (Ripieno) wechselt ab mit kleineren Besetzungen.
3. Die Sonate ist ein klein besetztes Instrumentalwerk, meist in der Form der Triosonate mit zwei hohen und einer tiefen Stimme. Unterschieden werden
a) Die Kammersonate (Sonata da camera) reiht verschiedene Tanzsätze der gleichen Tonart frei aneinander.
b) Die Kirchensonate (Sonata da chiesa) ist meistens viersätzig, wobei schnelle und langsame Satztypen sich abwechseln. Sie sind motivisch miteinander verwandt und sind untereinander auf ein festes harmonisches Schema festgelegt.
4. Die Barockzeit ist auch die Zeit der aufkommenden und sich entwickelnden Musik für Tasteninstrumente (Orgel, Clavichord und Cembalo). Die Tasteninstrumente mausern sich von bloßen akkordischen Begleitinstrumenten zu eigenständigen Soloinstrumenten. Diese Entwicklung kann man im Kleinen in einem von Bachs "Brandenburgischen Konzerten" nachvollziehen: Übernimmt das Cembalo anfangs nur den Generalbass, entwickelt es sich innerhalb des ersten Satzes durch die sehr figurierte Ausgestaltung zum "heimlichen Star”, die anderen Soloinstrumente treten immer weiter in den Hintergrund, bis das Cembalo sich "herausgekämpft" hat und allein brilliert.
Für Tasteninstrumente entstehen viele eigene Gattungen: Fantasien, Preludien, Toccaten, Capriccien, Fugen, Suiten, Messen, Choralbearbeitungen, Choralvorspiele… Mit Dietrich Buxtehudes "In dulci jubilo" beenden wir das Barock.